Mit hundert Jahren ist eine christliche Religionsgemeinschaft noch jung. Doch bietet das Jubiläum die Gelegenheit, zurückzublicken und zu fragen, wie sich die gegenwärtige Christengemeinschaft zu ihrer Vergangenheit und Zukunft stellt.
Als Geburtstag gilt der 16. September 1922, an dem die erste Menschenweihehandlung gefeiert wurde. Ohne die Hilfe Rudolf Steiners wäre die Christengemeinschaft nicht entstanden, aber keines ihrer Mitglieder muss sich zur Anthroposophie bekennen.
Seit die ersten 45 Priesterinnen und Priester in alle Welt gingen, hat sich viel verändert (vielleicht auch verbürgerlicht), und inzwischen gibt es in allen Erdteilen Gemeinden. Aber die Ideale sind seit Beginn dieselben, besonders das Vertrauen in die Selbstbestimmtheit jedes Christen.
Für den neuen Erzoberlenker João Torunsky gilt: „Den Zugang zur Wahrheit findet der Mensch in sich selbst“, und er folgert daraus: „Wir haben die Aufgabe, eine Gemeinschaft von Individualitäten zu bilden.“ Deshalb dürfe es keinen Dogmatismus und keine Moralgesetze geben, die von oben aufgedrückt werden.
Doch die Suche nach Christus führt auch zusammen und weist auf die Mitverantwortung gegenüber der Menschheit, ja der ganzen Schöpfung.
Das sieht die Christengemeinschaft als globale und spirituelle Aufgabe, die sie allein nicht erfüllen kann. Deshalb ist sie froh, dass es auch andere christliche Gemeinschaften gibt: Sie erhebt keinen Alleinverantwortungsanspruch, sondern sucht die Ökumene.
Der Kongress LOGOS – Consecrating Humanity zum Beginn des zweiten Jahrhunderts der Christengemeinschaft (7. bis 11. Oktober 2022 in Dortmund www.logos-2022.org, Tagungsbüro vasb@ybtbf-2022.betgro.2202-sogol@ofni ) soll von dieser Offenheit zeugen; er ist von vielen Gemeinden in kleineren Begegnungen vorbereitet worden.
Hannover, 23.5.2022
Frank Hörtreiter
Öffentlichkeitsbeauftragter der Christengemeinschaft